Moby Dick?

Im zweiten Anlauf klappte es doch.

Die unbemannte Sonde landete 2073 tatsächlich auf Europa, jenem Jupitermond, dessen Oberfläche ganz mit Eis bedeckt ist. 

Die Vorgängersonde, der Europa-Chopper 1, scheiterte noch vor einigen Jahren, weil sie länger als geplant der enormen Strahlung des Jupiterstrahlungsgürtels ausgesetzt war. Entscheidende Elektronikelemente versagten darauf den Dienst und die steuerlose Sonde verpasste Europa, verschwand einfach in den Tiefen des Raums, ohne dass man je wieder einen Funkkontakt hätte herstellen können. 

Aber jetzt war es endlich soweit. Europa-Chopper 2 gelang der Ritt durch die Strahlenhölle, landete wie geplant auf der eisigen Oberfläche des Mondes. Ein innovatives Bohr-Schmelz-Gerät machte sich umgehend daran, die kilometerdicke Eisschicht Europas zu durchdringen. Dann endlich konnte ein Mini-U-Boot mit Spezialkamera ins Bohrloch herabgelassen werden – in den riesigen salzhaltigen Ozean. 

Aber wir wollen einen Moment innehalten und uns kurz dem Geschehen im Mission Control Center zuwenden. Sie wissen schon, das ist jeweils jener magische Raum, wo auf vielen Bildschirmen endloser Computercode flimmert, den nur Eingeweihte verstehen würden. Jener Ort, wo die diensthabenden Ingenieure bei geglückter Mission den Champagner zu entkorken pflegen und ihr Triumph würde alsbald für drei bis sieben Sekunden über die TV-Kanäle huschen. In Realität sass dort jetzt nur ein einziger Mann vor einer Reihe von Bildschirmen. Commander Ahab schaute seit Stunden grimmig in die Abgründe des Datenflusses, der von der Sonde übertragen wurde. Er malte sich in Gedanken immer wieder aus, was der Eispanzer Europas preisgeben würde, beziehungsweise was er alsbald in der Tiefe des Mondozeans zu sehen bekäme. Sein Geist war müde von der Warterei und innere Bilder kämpften gegen die Ödnis der Computerbildschirme. Da. Da war er doch? Aus der ewigen Dunkelheit des Meeres auftauchend war Der Weisse Wal zu sehen. Eindeutig.

Aber würde man dort tatsächlich, wie vermutet beziehungsweise erhofft, ausserirdisches Leben finden? Die Bedingungen dafür waren wohl nirgends im Sonnensystem derart geeignet wie unter Europas Eispanzer. Die ersten Bilder wurden gerade zur Erde gefunkt und sie liessen Ahab und die Fachwelt erstaunen. Was für Farben und Formen! 

Sehr schnell wurde klar, dass sich unter dieser Eisschicht nicht etwa nur primitives Leben finden liess. Nein, es waren deutliche Hinweise auf eine technologisch ordentlich fortgeschrittene Zivilisation erkennbar! Das da dort zum Beispiel! Das sah doch schwer nach einem RohrfederManometer aus, oder…?

Titus Maximus

Julian träumte schon lange davon, sich einen Hund anzuschaffen, damit seine einsamen und sinnlosen Spaziergänge durch die Hügellandschaft des schönen Thurgaus ein Ende oder vielmehr eine Verwandlung erfahren könnten. Nun war der Tag tatsächlich gekommen, an dem aus einer Spinnerei plötzlich ein Fakt werden würde. Und so ging er froh gelaunt in den Supermarkt, einfach nur um Hundefutter zu kaufen. 

Julian hatte bereits vor einer Woche den Rüden beim Züchter ausgewählt und einen Namen für das wertvolle Tier bestimmt. Er würde, was heisst denn, er würde, er wird! nein, er heisst! ab heute heisst er Titus Maximus. Ja. Bescheidenheit war Julians Ding nicht. Nein, aber die Zeit mit Titus Maximus wird grossartig werden. Julian lächelte zufrieden. Titus Maximus war ein Windhund, ein Greyhound um genau zu sein.

Zwei Tage später rief er Tom an und sagte, dass er ein Problem habe. Ob er ihm nicht behilflich sein könne. 

„Ein Foto von einem Hund? Ob ich das machen kann? Julian, haha, was denkst du denn. Ich bin Fotograf. Ich kann dir auch ein Eichhörnchen beim Sprung von einem Baum zum andern…, oder einen Eisvogel beim Fischen knipsen. Das wär doch…“

„Tom. Titus Maximus ist nicht irgend ein Hund. Wie ich schon sagte. Er ist schnell. Wenn ich ihn von der Leine lasse, sehe ich ihn nicht mehr. So schnell pfeilt er weg, dass er wirklich unsichtbar wird.“

„Haha, Julian, lass gut sein. Unsichtbar… Aber ich mach dir gern ein paar Bilder von dem Kerlchen. Knackscharf, da kannst du dich drauf…“

„Wir werden ja sehen.“

Alsbald war es soweit. Julian, Tom und Titus Maximus standen auf der Wiese. Tom zückte seine Profikamera und stapfte ein paar Meter weg, um den perfekten Ausschnitt für die Aufnahme zu wählen.

„Okay, jetzt lass deinen Sprinter Maximus laufen.“

Julian zog die Stirn in Falten, liess seinen Hund mit einem Säufzer von der Leine und rief dann doch entschlossen: „Lauf, Titus Maximus!“

Ein Zischgeräusch durchfuhr die Wiese und das Tier war nicht mehr zu sehen. Tatsächlich, ja, man konnte Titus Maximus mit den Augen nicht folgen, so schnell war er. Tom versuchte dennoch so etwas wie einen Mitzieher auszuführen, drückte ab und die Serienbildfunktion bescherte ihm hundertundzwei Bilder pro Sekunde. Ja doch, das geht. Und später suchte er – zunehmend besorgt – jedes dieser Bilder auf dem Computerbildschirm daraufhin ab, ob er irgendwo so etwas wie Titus Maximus abgebildet fände. 

Hm, ja, doch, da war so was, wie ein rennender Hund, oder etwa nicht?

Was denn? Ach so. Ob Titus Maximus je wieder aufgetaucht ist…?

Bildstörung

Unterwegs.

Bilder verblassen. Worte verlaufen sich. Man ist Niemand und der Kompass dreht im Kreis.

Und doch – unterwegs. Ja, sogar auch ausserhalb des Handys. Schritte. Auf heimischen Kieswegen und über Ruinen etruskischer Tempel.

Vertrautes und Fremdes, Tod und Leben. Krieg ohne Frieden. Hat Jemand nach dem Sinn gefragt?

 

Lost in Lowland

Dort wo das Land immer flacher wird, stehen nur noch gut bewollte Schafe im rauen Wind. Aber das ist eher ein Klischee. 

Denn an der Nordsee zumindest gibt’s immerhin auch zahllose Windräder, die diese minimalistische Landschaft so unverkennbar prägen. Dort endlich scheint das unbeständige Meer nicht mehr weit. 

Aber wenn die Küste beinahe so flach ist wie Wasser, dann ist bei Ebbe kein Meer mehr da. Nur noch verlorene Bojen im dunklen Schlick, Wattvögel auf Nahrungssuche in den verbliebenen Pfützen, in der Ferne winzige hüpfende Drachen der unsichtbaren Kitesurfer, ein paar wiederkäuend herumliegende Rinder in den nahen Salzwiesen, lange, flache, blendend helle Sandbänke, einzelne, wie verloren wirkende Spaziergänger und Velofahrer, ein Restaurant auf absurd hohen Stelzen, endlose Himmel und natürlich der stete, fast schon unerbittliche Wind. 

Eine Weite in der man sich verlieren könnte.

Das Meer lässt sich nur noch erahnen. Furiose Wellen glitzern ganz fern in der Sonne am Horizont als wäre das Bild eine Fata Morgana. Dennoch fehlt es nicht, das Meer, denn überall sind seine Spuren zu sehen, auch zu riechen. Und man bekommt leichthin schon ein Vorgefühl für die kommende Flut.

(Die Bilder können durch anklicken vergrössert werden)

Der Traum vom Fliegen

Wie traurig’s hier ausschaut.

Fliegen wär’ jetzt schön.

Irgendwohin wo die Sonne wärmt und das Glück zu Hause ist.

Ohne Motor, ohne künstliche Flügel.

Einfach so aus eigener Kraft.

Um die Schwerkraft zu besiegen – und die Schwermut zu vergessen.

(Mirakulös, gewiss, aber garantiert klimaneutral.)

The Fury of Nature

Mit Flutwellen, Hitzewellen, Kältewellen, Dürreperioden, Viren, Erdbeben, Stürmen, Tsunamis, Meteoritenschlägen, Artensterben. 

Die Natur macht uns zu schaffen. 

Auch weil wir der Natur zu schaffen machen. 

Mit Plastikvermüllung, Pestiziden, Klimaerwärmung, Überbevölkerung, Abholzung von Wäldern, Energieverschwendung, Krieg.

Vor allem aber mit Egoismus.

Doch wir sind ein Teil dieser Natur, ein Teil der Biologie. 

Ist ihr eigenes Scheitern in der Biologie von Anfang an schon angelegt?

Ist das Erfolgsrezept der Evolution zugleich auch ihr Untergang?

Vor uns herrschte ein Gleichgewicht des Schreckens unter Raub- und Beutetieren.

Was kommt nach uns?

Eine toter Planet beherrscht von KI und Robotern oder nur von Amöben und Ameisen?

Oder schliesst der Mensch Frieden mit der Natur und zahlt seine Schuld und Schulden zurück?

Homo faber

Der Planet war längst bereit. Es gab Sonne, Wasser und Sauerstoff zum Atmen. Die Erde lebte bereits. Ein Gleichgewicht des Schreckens herrschte, das mit etwas Distanz und Sympathie betrachtet, auch als schön, als einzigartig, als ein Wunder der Natur bezeichnet werden konnte. Nur war keiner da, der diesen Anblick hätte geniessen können.

Alles Leben war bloss Augenblick, immerwährende Gegenwart. Etwas grosszügig interpretiert war die Erde ein homöostatisches System und ein Kunstwerk zugleich mitten im ansonsten wahrscheinlich leblosen Universum.

Dann, warum auch immer, betrat der Mensch die Bühne. Aus dichtem Nebel kulturfreier Zeiten entstanden neue Farben und Formen.

Auf einmal gab es Vergangenes und Zukünftiges. Pläne wurden geschmiedet, um Wünsche und Träume wahr werden zu lassen. Sinn und Zweck, Moral und Gewissen machten sich breit.

Es wurden Brücken gebaut.

Städte.

Und es werden Kriege geführt…

(Zum Vergrössern Bilder einfach anklicken)

17 Mal gratis

Von Zeit zu Zeit braucht es einfach frischen Wind, mehr Platz im Keller oder einfach auch mal die Idee, etwas zu verschenken. Im letzten Beitrag zur digitalen Ausstellung in Mailand habe ich den Katalogausschnitt mit meinem „Auftritt“ zum freien Download angeboten. Weit über hundert Mal wurde er runtergeladen. Dieses offensichtliche Interesse an meinen Bildern freut mich sehr.

Seit Covid 19 habe ich die konventionelle Ausstellungstätigkeit auf Eis gelegt. Ich schliesse aber nicht aus, dass ich eines Tages daran anschliessen werde. Heute und morgen allerdings kaum. Ich habe den Eindruck, neue Wege zu gehen, wäre für mich angebracht.

Die Erfahrung einer digitalen „Ausstellung“ hat mich auch fasziniert. Schliesslich fotografiere ich seit vielen Jahren fast ausschliesslich digital. Darum scheint es nicht so falsch zu sein, konsequenterweise auch digital auszustellen. Allerdings den Kick einer Vernissage würde ich gerne wieder erleben, was in Mailand aus seuchenpolizeilicher Vorsicht leider nicht möglich war.

Ich könnte mir auch eine andere Entwicklung vorstellen. So würde mich eine Buchpublikation zur ICM-Fotografie reizen. Vieles ist ja möglich, nichts muss…

Heute jedenfalls bin ich mein Archiv mit ausgedruckten Bildern durchgegangen. Den „Überbleibseln“ meiner bisherigen konventionellen Ausstellungen. Und da habe ich spontan entschieden, einen Teil davon zu verschenken. Warum sollte es nicht klappen, wenn es mit dem Mailänder Katalog so gut funktioniert hat?

Ja, doch, die Hürde ist natürlich deutlich höher. Ein physisch vorhandenes Bild kann man nicht bequem runterladen. Es muss auch physisch transferiert werden. Also, die nachfolgend dargestellten Bilder sind alle gratis. Ich verschenke sie wirklich gerne. Mich würde es sehr freuen, wenn das eine oder andere ein neues Daheim finden würde und in eine Stube oder sonst einen Raum des neuen Besitzers hineinschauen könnte.

Die einzige Hürde ist – das Bild oder die Bilder müssen abgeholt werden und dafür sollte ein Termin abgemacht werden. Für den einen mag Weinfelden relativ nahe sein, für die andere eher ziemlich weit weg. Das kann ich leider nicht ändern.

Sehr gerne nehme ich Terminwünsche für die Abholung entgegen und werde die Übergabe ermöglichen. Natürlich kann ich nicht garantieren, dass die Bilder alle noch zur Wahl stehen. Es hat, solange es hat. Darüber hinaus verschenke ich auch diverse Kleinbilder und Acrylblöcke. Bitte benützt das Kontaktformular, um ein Bild zu reservieren und einen Termin vorzuschlagen. Noch einfacher geht’s natürlich per Telefon (+41 71 672 64 07).

Anbei findet ihr die 17 zur Wahl stehenden Bilder mit Grössenangabe (mit Rahmen) und Trägermaterial:

Update: Die ersten Bilder sind schon weg. Die vergriffenen Bilder lasse ich zwar im Beitrag stehen, kennzeichne sie aber entsprechend.

Tulips 1, 42×56 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen, vergriffen

Tulips 2, 42×56 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen, vergriffen

Awareness, 40×60 cm, Alu-Dibond

Mainau Island, 50×75 cm, Alu-Dibond

Winter I

Winter 1, 42×62 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen, vergriffen

Winter II

Winter 2, 42×62 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen, vergriffen

Sunbeams through the woods, 100×150 cm !! Leinwand, vergriffen

Curls, 50×50 cm, Leinwand

Streetlife in Bern, 40×60 cm, Alu-Dibond, vergriffen

HF4, 50×50 cm, Gallery Print, vergriffen

Taminaschlucht 1, 54×73 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen

So sieht das Bild mit Rahmen an der Wand aus.

Forest, 42×56 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen, vergriffen

Magnolia, 52×42 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen, vergriffen

Time and Passengers, 40×40 cm, Alu-Dibond

Hades, 40×60 cm, Alu-Dibond

Colouring, 42×52 cm, Fine-Art-Paper, Holzwechselrahmen

Evening walk, 40×60 cm, Alu-Dibond, vergriffen

…Bonbon, Bonus, Zugabe

Hier noch ein paar Ergänzungen zur aktuellen Ausstellung, von der ich gestern berichtet habe. Die Bilder können dort käuflich erworben werden, entweder als Dateien für digitale Zwecke oder als hochwertige Drucke. Der Erlös aus dem Verkauf geht vollumfänglich an Caritas Ukraine zur Unterstützung der leidenden Zivilbevölkerung.

M.A.D.S. Art Gallery Milano

(Update 07.03.2023: Die Statistik zeigt mir, dass dieser Beitrag immer noch sehr oft aufgerufen wird. Ich vermute, dass die meisten Besucher sich einen Erfahrungsbericht über diesen Ausstellungsort erhoffen. Das ist hier aber nicht der Fall.)

Eigentlich war der Plan, jetzt locker eine Überleitung von meinem letzten Beitragstitel zu diesem hier zu schreiben. Zweimal Mailand, also sehr naheliegend. Aber da gibt es Ereignisse in dieser Welt, die mich eher daran hindern, überhaupt einen Beitrag zu formulieren.

Ich versuche es trotzdem – und das kann etwas länger werden… Meine Webseite ist weder ein reines „Feel Good“-Portal, noch ein politisches Projekt, das sich der Rettung der Welt verschrieben hätte. Obwohl Letzteres durchaus angesagt wäre, war mein Anliegen eher, hier eine Selbstvermarktung als Bilder machender Fotograf (mal so formuliert, um den Begriff „Künstler“ zu vermeiden) zu betreiben.

Zudem waren und sind meine Bilder alles andere als Beiträge, die sich kritisch mit dem Zustand unserer Welt auseinandersetzen. Bis auf winzige kritische Nebenbemerkungen war es mein Anliegen, eine Gegenwelt, eine Fantasiewelt, jedenfalls eine eigene Welt zu entwerfen. Eine Welt, die sich in banalem Sinn auch überwiegend als „schön“ anfühlt. Ich dachte und denke immer noch, das ist legitim und nicht eine biedermeierliche Weltverniedlichung. Wir alle brauchen Orte, um aufzutanken, um immer wieder Zuversicht zu gewinnen – ohne naiv zu träumen, sondern um einen Weg gehen zu können, der Zukunft hat.

Und nun hat Putin uns allen die Grenzen aufgezeigt. Sein Krieg gegen das Nachbarland ist nicht zu rechtfertigen, auch wenn man die Bedürfnisse der russischstämmigen Bevölkerung in der Ostukraine ernst nehmen muss. Bereits zum zweiten Mal in vier Tagen droht er dem Westen mit Atomschlägen. Hier ist etwas ausser Kontrolle geraten, etwas das sich nicht mehr so leicht wieder zurechtrücken lässt. Seit letzten Donnerstag ist unsere Welt eine andere geworden. Auch wenn dieser grausame Krieg in der Ukraine hoffentlich bald beendet sein wird, ein zweiter kalter Krieg zwischen Ost und West mit all den wahnwitzigen Folgen scheint Realität zu werden.

Doch darüber möchte ich auch nicht weiters schreiben. Denn das Thema ist sowieso omnipräsent. Aber was dann? Was soll denn nun dieser Titel des Beitrags? Ja, ich komme mir vor, wie im falschen Spielfilm. Diese 👉 Galerie in Mailand 👈 stellt ab heute, 16 Uhr, für eine Woche im Rahmen einer Gruppenausstellung drei meiner Bilder aus. Und doch – eigentlich auch wieder nicht. Die Bilder sind physisch gar nicht dort. Sie werden digital ausgestellt, leuchten also als Dateien geliefert von grossen Bildschirmen herab. Das wäre schön und gut, aber es gibt keine Vernissage. Keine Leute die sich dort treffen und sich über die Bilder dieser grossen Gruppen-„Ausstellung“ austauschen könnten. Man kann sich zwar auf Voranmeldung hin das Ganze vor Ort anschauen. Aber den Ausstellern geht es wohl primär um Medienpräsenz. So ist das Ganze also eher so etwas wie ein Online-Katalog.

Und nun noch der Titel der Ausstellung: F**K U – ja, tatsächlich. Damit habe ich meine liebe Mühe, auch wenn die Galerie vielleicht versucht, mit der kryptischen Schreibweise die Aussage etwas abzudämpfen. Ich vermute, dass das Konzept dahinter auch den Frust wegen der zweijährigen Covid-19-Pandemie und die Ablehnung gewisser Massnahmen unterschwellig zu bedienen versucht. So etwas zu unterstützen, ist jedoch nicht meine Absicht. Mir ist ebenfalls bekannt, dass Italien, auch in der Folge der Covid-19-Massnahmen, mit steigender Jugendgewalt auf den Strassen konfrontiert wird. In keiner Weise möchte ich meine Teilnahme als Aufforderung zu Gewalt missverstanden wissen. Natürlich geht es den Machern des Katalogs jedoch primär darum, die individuelle Freiheit gegenüber diversen „Sachzwängen“ und institutionellen Einschränkungen hervorzuheben. Was für mich wiederum okay ist. Unter dem Eindruck des Kriegs in der Ukraine würde ich den Titel der „Ausstellung“ am liebsten direkt mit einem Namen ergänzen wollen, der mit P anfängt und mit utin aufhört.

Noch ein Thema: Meine drei ausgestellten Bilder (s. unten) kann man leider nicht in der Galerie in Mailand erwerben. Ich habe sie jedoch in meinem kleinen 👉 Webshop 👈 hochgeladen. Dort können sie in limitierter Auflage, entsprechend der digitalen Ausstellungstechnik unter anderem auch digital erworben werden. Der Erlös wird vollumfänglich der Hilfe für die ukrainische Zivilbevölkerung zu Gute kommen. Also, wer helfen will und sich trotzdem was Schönes anschaffen will. Es funktioniert.

Die Links zur Ausstellung, zum Katalog, zu meinen Bildern werde ich noch updaten, sobald ich sie bekomme.

Milan Station

Während meiner ersten Ausstellung 2017 in Weinfelden hing dieses Set mit zwanzig kleinformatigen Bildern im Restaurant Frohsinn. Ich nannte die Serie „Milan Station“, obwohl ich die Fotos im Sommer 2014 im Bahnhof in Florenz aufgenommen habe. Einfach so beim Warten auf den Anschlusszug, also zum Zeitvertreib. Die Bilder haben sich quasi selber gemacht, in Gedanken war ich nur halb dabei. Dazu passt dann auch die Verwechslung von Florenz mit Mailand… Aber eigentlich spielt es gar keine Rolle, wo sich diese Szenen abgespielt haben.

Was für mich zählt, das ist der Glanz der durch Millionen Schritte glatt geschliffenen grauen Steine, das verklärende Reiseblau und der pulsierende Schwung, dieses nimmermüde Auf und Ab an sich. 

Die Geschichte dieser kleinen Fotoserie hat noch eine andere Facette. Ruedi Würgler hat damals diese Ausstellung organisiert und kuratiert. Beim Sichten möglicher Bilder in meinem digitalen Archiv ist ihm diese Serie überhaupt erst aufgefallen. Ich selbst hatte sie bereits „vergessen“. Insofern gebührt ihm ein spezieller Dank dafür, dass diese Bilder noch leben.

Spiel und Intuition

(Zum Vergrössern, Bilder einfach anklicken)

Manchmal werde ich gefragt, was denn dieses oder jenes meiner Bilder darstelle. Leider – so muss ich fast schon sagen – habe ich bisher immer brav erzählt, was konkret das Ausgangsmaterial war und vor allem auch wie ich es in fototechnischer Hinsicht gemacht habe. Zum Beispiel wenn ein Bild aussieht, als sei es eine Doppel- oder Mehrfachbelichtung (nicht bei diesen hier). Irgendwie war ich halt stolz darauf, verschiedene Bilder zu kreieren, die nach Doppel- oder Mehrfachbelichtung aussehen, aber tatsächlich nur Einfachbelichtungen sind. Mit solchen Erklärungen habe ich jedoch das bisschen Zauber selber aus den Bildern genommen. Schade eigentlich.

Nun in diesem dritten aufeinanderfolgenden Beitrag mit abstrakten Fotografien lasse ich solche Erklärungen ganz weg. Meine Ausflüge ins Abstrakte folgen ja weder einem Plan noch einer bestimmten Technik. Sie bedeuten mir vor allem – Freiheit. Die Freiheit mit fototechnischen Mitteln zu spielen. Man mag den Begriff Intuition in diesem Zusammenhang für überstrapaziert halten. Will nicht jeder, der keine näheren Erklärungen zu seinen Werken abgeben mag, die Intuition als eine besondere Quelle schöpferischen Tuns herausstellen?

Dennoch weiss ich keine bessere Erklärung für den Ursprung meiner Bilder, nicht nur den der Abstrakten. Selbst wenn ich doch einmal einem Plan folge, kam die Idee dazu eigentlich immer sehr spontan. Am schönsten empfinde ich den Prozess des Bilderherstellens, wenn aus einer spontanen Idee heraus, sich spielerisch weitere Möglichkeiten ergeben, denen zu folgen wiederum neue Horizonte öffnen. Den mentalen Zustand während dieser Arbeit hat Csikszentmihalyi mit dem Begriff Flow treffend benannt. Im Zustand des Flows sind Anforderungen und Fähigkeiten im Gleichgewicht. Weder Stress noch Langeweile sind dann Thema. Mir gefällt besonders die Selbstvergessenheit, die sich damit regelmässig einstellt. Anders als beim Meditieren, wo die temporäre Auflösung des Ichs eine Heidenarbeit darstellt, gelingt ein ähnlicher Zustand im Flow sozusagen nebenbei.

Date

Was ich im letzten Beitrag begonnen habe, möchte ich hier fortsetzen: Bilder zu zeigen, die teils völlig abstrakt sind, zum Teil aber noch erkennbare Objekte enthalten. Bei jener Bildserie habe ich auf den Ursprung, die rostigen Wände, hingewiesen. Man hätte diese Ausschnitte bei oberflächlicher Betrachtung ja auch für Aufnahmen von Baumrinde halten können. Nun hier ist ein solcher Hinweis auf konkrete Objekte gewiss nicht nötig. Ich habe mir nur überlegt, ob ich statt des trockenen Date den romantischeren Begriff Rendez-vous verwenden soll.

 

Konkret abstrakt

(Zum Vergrössern, Bilder einfach anklicken)

Es gibt Tage, da bin ich es leid, Konkretes abzulichten und dann möchte ich gerne abstrakte Bilder kreieren. Doch mit dem Fotoapparat als Werkzeug bin ich als Ausgangsmaterial immer auf konkrete Gegenstände, Landschaften, Models angewiesen. Um dieses Bedürfnis nach Abstraktion umzusetzen, gibt es bekanntlich viele Tricks und Hilfsmittel, wie z.B. unscharf fokussieren oder ICM-Fotografie. Heute zeige ich einen anderen Zugang: die Wahl eines Bildausschnitts, der das Konkrete hinter sich lässt. Alles was man hier noch erkennen kann ist Rost – und ein Schneckenhäuschen. Letzteres gibt hier eine Idee davon, wie gross etwa die Ausgangsobjekte sein müssen.

Doch bleibt man beim Betrachten dieser Bilder bei der Erklärung Rost hängen? Ich glaube nicht. Unser Gehirn sucht ständig nach Bedeutung in der Umwelt, um ja nichts zu verpassen. Ein abstraktes Bild frustriert nun zuerst einmal dieses Bestreben. Da ist auf einmal etwas, das keinen Sinn ergibt. Dabei kann man es bewenden lassen und weiter gehen.

Oder man lässt sich auf dieses Sinnlose ein. Dann passiert zunächst etwas mit der Wahrnehmung. Unser Gehirn, so wir es nötigen, sich weiterhin mit diesem nutzlosen Objekt auseinanderzusetzen, setzt seine Arbeit fort und sucht immer noch nach Mustern, nach Bekanntem und Vertrautem, nach Positivem und Negativem, nach Ressourcen und Gefahren, auch dort wo gar nichts solches ist. Es kann nicht anders, es muss unsere Umwelt zwanghaft interpretieren.

Und so entdecken wir in völlig abstrakten, durch Zufall geformten Strukturen manchmal doch noch irgendein Muster, manchmal ein Tier, ein Gewölk, ein Virus, eine Szene oder eine ganze Landschaft. Und das alles geschieht sehr schnell. Bevor wir noch darüber nachdenken können, was uns jetzt dieses Bild sagen will, sehen wir dort – eventuell – schon solche vertraute Muster.

Dann erst beginnt die Auseinandersetzung mit einem abstrakten Bild. Ich kann mich fragen, was hat der Schöpfer dieses Bilds aussagen wollen? Hat er diese oder jene „Figur“ absichtlich gesetzt oder sehe nur ich sie als solche? Die Interpretation bleibt meist recht spekulativ oder zumindest subjektiv. Im Allgemeinen kann man versuchen, die Wirkung von Farben, Räumen, Art der Strukturen zu deuten. Es gibt ganz ordentliche Bilder und mehr chaotische Abstrakte, insofern werden auch verschiedene abstrakte Stile unterschieden.

Die Betrachtung abstrakter – scheinbar sinnloser – Bilder kann also recht kurzweilig sein. Bei den dokumentarisch Konkreten ist die Interpretation auf der Ebene des Mustererkennens nämlich sofort beendet bzw. eine Mustersuche muss meistens gar nicht stattfinden. In Bezug auf eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Bilder haben aber die Konkreten oft wieder die Nase vorne.

Ein konkretes Bild vermag Themen und Zusammenhänge darstellen, ein Abstraktes bleibt eher – manchmal wohltuende – Spielerei, die die Fantasie anregt.

Magie zeitloser Räume

(Zum Vergrössern Bilder einfach anklicken)

In den Bergen verliert die Zeit ihre Bedeutung. Gewiss, Jahres- und Tageszeiten sind für die Natur auch hier oben relevant, keine Frage. Aber welcher Tag, welches Jahr, welches Jahrhundert, Jahrtausend…? Unerheblich.

Natürlich verändern sich Bergstrukturen ganz langsam mit der Zeit. Doch verglichen mit der Dauer eines Menschenlebens bleibt in der Höhe, wo die Luft dünner und die Sehnsucht grösser wird, vieles vom Joch der sich jagenden Momente, von Gelegenheit und Gegenwart, von Fälligkeitsdaten verschont. Hier ist der Mensch wirklich nur Gast, auch wenn er sich oft nicht entsprechend benimmt.

Jedenfalls ist er klein und unbedeutend im Auge des kreisenden Adlers über der feuchten, baumlosen Hochebene. Reizvoll fingert ewiger Schnee im Sommer die steilen Berghänge hinunter, um den Geissen und Kühen die letzten Grenzen jenseits der Zivilisation zu weisen. Gewiss, wir Menschen halten uns nicht an diese Grenzen. Wir schielen viel weiter nach oben, näher ran ans Metaphysische. Aber auch eine Sauerstoffmaske hilft nicht, dieses übersinnliche Reich zu erklimmen. Die Schwerkraft hält uns auf dem Berggipfel fest.

Freiheit kann der Bergsteiger zwar fühlen und erahnen, falls er dafür Antennen hat, aber nur für winzige Zeitspannen wirklich erleben. Dann wenn er durch diese grandiose Landschaft hindurchzuschauen vermag und den Nachhall des Urknalls spürt. Wenn er die stete Bedrängnis der Chronometer wie auf Adlerschwingen spielend hinter sich lässt. Wenn seine Sehnsucht einen unaussprechlichen Traum gebiert.

Doch kurz darauf kollabiert dieser Traum. Der Gipfelstürmer muss sich mit einem wehmütigen Blick auf seine Uhr auf einen beschwerlichen Rückweg in die Welt der Termine und Fristen aufmachen. Verlängerung der Fiktion würde nur noch ein Gleitschirm versprechen.

Der Traum von Berggipfeln, von unberührter Natur begegnet somit manchmal verborgenen Räumen, denen Zeit völlig gleichgültig ist.

(Die nicht gegenderte Sprache in diesem Beitrag mag für manche eine Zumutung sein. Für mich war’s jetzt halt stimmig, sorry.)

Das grosse Würfelspiel

Einen Weg gehen. Einem Blick standhalten. Ein Muster deuten.

Der Mensch geht seinen Weg. Das Tier sieht in dich hinein. Gott deutet die dunklen Zeichen am Himmel, denn er kennt sie schon, bevor sie sichtbar werden.

Doch was bestimmt, wer ich bin, wer der andere ist? Der Zufall?

Bist du Mensch, Tier oder Gott? Oder – alles in einem?

Auch ein Tier geht seinen Weg. Der Blick des Tieres kann Gottes Wille offenbaren. Gottes Hand kann eine Illusion sein. Waches Bewusstsein erweist sich als Traumzustand. Scheinbar intelligente Begriffe verwandeln sich auf einmal in substanzlose Worthülsen. Deutliche, sich aufdrängende Muster können rein gar nichts bedeuten. Weisses Rauschen…

Sinn und Unsinn sind Zwillinge.

Gleichmütiges Spektakel

Die perfekte Welle, wie man so schön sagt, die suche ich nicht. Jede Welle, wenn sie mich am Strand mit ihrem Respekt einflössenden und doch fröhlichen Radau begrüsst, ist auf ihre Art wunderbar. Ein irres Feuerwerk aus der Tiefe des Meeres. Jede ist anders und doch gehorchen alle den gleichen Gesetzen, ob gross oder klein, ob wild oder zahm. Jede Welle erzählt ihre kleine Geschichte von ihrer ausgedehnten Reise übers Meer. Von Wind, Salz und Fischerbooten im Mondschein. Von fliegenden Fischen. Von lachenden Delfinen. Von Treibgut und Plastikmüll. Ich bewundere ihre scheinbare Zielstrebigkeit. Selbst auf ihrem diskreten Rückzug vom Strand bleiben sie beeindruckend und souverän.

(Zum Vergrössern, Bilder einfach anklicken)

Ich weiss, diese Bewegung von Wasser ist nur ein physikalischer Effekt, kein Wesen, das Ziele verfolgt. Doch vielleicht könnte ich dennoch etwas daraus – lernen? Nein, nicht lernen, eher etwas von dieser Bewegung entlehnen. Vielleicht so. Dieses stoiische Akzeptieren, wohin der Wind mich nun mal trägt. Denn steter Widerstand zermürbt mich letztlich mehr als meine Widersacher. Und die beweglichen Wellen siegen auf Dauer über die von Menschen aufhäuften Schutzmauern aus reglosem Stein.

Poseidons Reich

Das Meer. 

Aufgewachsen zwischen schroffen Felsen, glitzernde Sonne auf unendlichem Wasser, unendlich klagende Möwen im Ohr, Salz in den Adern und auf der Haut. 

Nach der Schule und dem einfachen Mittagessen bei der Tante zusammen mit den Kollegen auf den steilen Klippen sitzen, dummes Zeug reden und mit einem fröhlichen Schrei abtauchen ins kühlende Nass, ins Reich der geheimnisvollen Tintenfische. 

Dann sich trocknen lassen von der unendlichen Sonne und ein melancholisches Fischerlied summen.

Delfine tauchen auf, pfeifen und schnattern. Sie erzählen die Geschichte Poseidons, wie er seinen Dreizack in den Fels rammte und fortan dort eine Quelle für unser Dorf hervorsprudelte.

Unendliche Wasser, unendliche Sonne, in der Ferne gleiten Segelboote der Touristen vorbei. – Eine Heimat, die es nicht gab. Nur ein Traum.

Das Meer.

Manarola 3
Manarola 1
Manarola 2

Evolution der Rekorde

Das Leben selbst ist der Motor.

Er sucht diese Intensität, geht immer wieder an seine Grenzen, will alles und sofort. Das Laute und Schnelle siegt zuverlässig im Wettlauf der Evolution.

Manchmal ist dieses Laute und Schnelle auch das Schöne.

Doch warum ist es das? Weil es erfolgreich ist? Weil wir auf diese Reize programmiert sind?

Intensität der Farbe, der Fruchtbarkeit. Wir reden nicht über Symbole. Nein, wir sprechen hier von Rot. Ganz unmittelbar, rein, rasend und unbarmherzig.

Rot – so sanft wie der Beat von Charly Watts auf Rocks Off; so rabiat wie ein lauer Spätsommerabend.

Rot – so laut wie das Vakuum jenseits des Sonnensystems; so leise wie der inbrünstige Schrei eines einsamen Pottwals im Dunkel des Pazifiks.

Rot – so verrückt wie die tägliche Dosis Fluctine zum Frühstück; so normal wie ein Massaker an Ureinwohnern auf einer Karibikinsel.

Rot ist ein irres, befreiendes Lachen.

Rot ist eine Träne, gefüllt mit dem Salz aller Enttäuschungen.

Der Mohn jedenfalls ist rot…

Wir leben, um diese Intensität zu fühlen. Sie nährt unsere Wünsche, unsere Illusionen, unsere Wahnvorstellungen, ohne die wir keinen Tag atmen könnten. Wir lassen uns zu neuen Rekorden hetzen und in absurde Extremismen treiben. Aber an guten Tagen wollen wir einfach nur glücklich sein, lieben und über uns selbst lachen. Insofern wir überhaupt leben, sind wir nur diese Gefühle. Alles andere sind intellektuelle Selbsttäuschungen.

(Zum Vergrössern Bilder bitte anklicken)